Unser Verstand funktioniert manchmal auf eine seltsame Art und Weise. So fällt es ihm scheinbar besonders leicht, uns tatsächliche oder auch nur vermutete Probleme und Befürchtungen in den schillerndsten Farben auszumalen.

Das funktioniert umso besser, je weniger Widerspruch er erhält. Das ist auch der Grund, warum das ängstliche Grübeln immer dann besonders gut funktioniert, wenn wir alleine sind. In solchen Situationen, zum Beispiel in der Nacht, arbeitet der Verstand besonders kreativ und kann immer neue Schreckensszenarien entwickeln.

Ein einfaches und jederzeit verfügbares Mittel dagegen ist es, sich selbst immer wieder zu fragen, ob das, was man vermutet oder befürchtet, auch tatsächlich wahr ist. Denn das, was wir als „Wahrheit“ oder „Realität“ betrachten, ist nur allzuoft lediglich eine Vermutung oder Annahme die durch nichts bewiesen ist. Vieles von dem, was wir als real betrachten, ist im Grunde nicht mehr als unsere ganz persönliche unbewiesene Meinung. Vieles von dem, was wir für „absolut normal“ halten, ist es gar nicht. Es erscheint uns nur so, weil wir aufgrund unserer Erziehung gar nicht anders können, als es für „wahr“ und „normal“ zu halten.

Eine andere Ursache für ständige Sorgen und Ängste sind die Medien, die uns täglich mit einem Abbild der Realität versorgen, das extrem ins Negative eingefärbt ist. Und das liegt nicht etwa daran, dass die ganze Welt schlechter geworden wäre. Nein, der Grund ist viel banaler: Mit schlechten und bedrohlichen Nachrichten, verdient man mehr! Nur deshalb ist der Anteil an Katastrophen, Morden und anderer Gewaltkriminalität in den täglichen Medien so groß.

Den meisten Europäern und ganz besonders uns Deutschen geht es so gut wie noch niemals zuvor. Wir leben in Frieden, Sicherheit und Wohlstand. Wir sind mit allem bestens versorgt, was wir brauchen. Wer diesbezüglich noch etwas zu Klagen hat, jammert auf sehr hohem Niveau.

Wenn man feststellt, dass man in negatives Grübeln und Sorgenmachen verfällt, sollte man Folgendes versuchen:

  • Welche Gedanken gehen mir durch den Kopf? Was macht mir Sorgen?
  • Welche Wirkungen haben diese Gedanken das auf mich?
  • Entsprechen die Gedanken der Wahrheit, oder glaube ich nur, dass sie wahr sind?
  • Worin könnte der Grund liegen, dass ich etwas Negatives annehme?
  • Welche anderen Erklärungen oder Beurteilungen des gleichen Sachverhalts könnte es noch geben?
  • Wie fühlt es sich für mich an, wenn eine neutrale Sicht auf die Dinge einnehme?

In vielen Fällen hilft das bereits, die negative Gedankenspirale zu beenden. Je häufiger Sie das tun, desto leichter und selbstverständlicher wird es werden. Und falls Sie jetzt denken: „Bei mir bringt das nichts.“ oder „Bei mir ist das ganz anders.“ – Willkommen im Club! Es ist nicht schlimm, wenn Sie diese Gedanken haben. Vielen Menschen geht es so. Das Gute am Realitätscheck ist, dass er selbst dann funktioniert, wenn Sie (noch) nicht davon überzeugt sind, dass er hilft.

Ein anderes Mittel für einen Realitätscheck ist der Austausch mit Personen, denen Sie vertrauen. Das kann der eigene Partner, ein Freund, ein Familienmitglied oder auch ein Arzt oder Therapeut sein. Schildern Sie dieser Person Ihre Ängste und Befürchtungen und bitten Sie um eine möglichst objektive Einschätzung.

Solch ein Gespräch kann oftmals Ängste und Befürchtungen verringern, indem diese unter einem realistischeren Blickwinkel betrachtet werden. Hinzu kommt, dass ein Außenstehender in vielen Fällen auch Lösungsvorschläge und Ideen liefern kann, die Sie selbst nicht sehen oder sehen können.
In jedem Fall ist es hilfreich, einer Vertrauensperson die Sorgen zu schildern, die Sie quälen. Sie gewinnen dabei immer einen Verbündeten, der Sie auf Ihrem Weg aus der Angst unterstützen wird.

Tipp:
Auch hierbei gilt: Nicht übertreiben!
Halten Sie bei Gesprächen über Ihre Angst ein vernünftiges Maß ein. Es ist nicht hilfreich, die immer gleichen Gespräche endlos zu wiederholen. Zum einen führt die andauernde Beschäftigung mit der Angst dazu, dass diese noch mehr Aufmerksamkeit bekommt.

Zum anderen ist es selbst für den besten Freund oder Lebenspartner nicht leicht, jeden Tag das gleiche Gespräch zu führen. Machen Sie stattdessen Notizen und verabreden ein oder zweimal pro Monat ein solches Gespräch, in dem Sie Ihre Ängste besprechen können.
Versuchen Sie auch, häufiger zu anderen Gesprächsthemen zu wechseln. Das lenkt Sie von der Angst ab, und Ihrem Gesprächspartner machen die Unterhaltungen dann viel mehr Spaß.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus unserem Buch Das große Angstbuch von Alexander Stern.
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