Was passiert, wenn man in eine psychiatrische Klinik kommt?

Was passiert, wenn man in eine psychiatrische Klinik kommt?

Patienten, die von ihrem behandelnden Arzt eine Einweisung (offiziell: „Verordnung von Krankenhausaufenthalt“) erhalten haben, oder einen solchen Aufenthalt erwägen, sind oft unsicher, was sie bei einem Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik erwartet. Im Folgenden finden Sie einen typischen Ablauf, wie er bei einem Patienten stattfindet, der (freiwillig) in eine Klinik geht.

Offene und geschlossene Kliniken bzw. Abteilungen
Ein depressiver Patient, bei dem keine Suizidgefahr oder Wahnvorstellungen bestehen, wird in einer „offenen“ Klinik oder in einer offenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses untergebracht. Das heißt, der Patient kann die Einrichtung jederzeit verlassen. Es gibt keine verschlossenen Türen oder Ähnliches. Trotzdem gibt es natürlich Regeln, an die sich die Patienten halten sollten. So wird etwa die Anwesenheit bei den Mahlzeiten und natürlich die Teilnahme an den Therapieangeboten vorausgesetzt. Darüber hinaus kann der Patient die Klinik zum Beispiel zum Einkaufen oder zum Sport verlassen. Manchmal gibt es auch offiziellen „Ausgang“, allein oder in der Gruppe. Niemand, der keine Gefahr für sich selbst oder andere darstellt, wird eingesperrt oder gegen seinen Willen festgehalten! Es gibt unterschiedliche Regelungen, was die Möglichkeiten betrifft, am Wochenende nach Hause zu fahren oder Besuch zu erhalten. In vielen Kliniken wird beides in den ersten zwei bis drei Wochen des Aufenthaltes nicht gerne gesehen.

Ankunft in der Klinik
Sobald man in der Klinik angekommen ist, meldet man sich an. Dazu gehört in der Regel, dass man die Verordnung des Arztes und die Nachweise der eigenen Krankenversicherung (z. B. Versichertenkarte) vorzeigt oder abgibt. Anschließend wird man von einem Krankenpfleger herumgeführt, der einem zeigt, wo sich welche Räume befinden (z. B. Speiseraum, Therapieräume, Schwimmbad etc.). In manchen Kliniken gibt es eine spezielle Bezugspflegeperson für jeden Patienten. Dieser Krankenpfleger oder diese Krankenpflegerin steht dann immer für Fragen zur Verfügung. An dieser Stelle können auch offene Fragen oder Probleme geklärt werden. Auch ganz Praktische, wie die Versorgung von Kindern oder Haustieren, oder Probleme mit der Arbeitsstelle. Manchmal gibt es auch einen bestimmten Mitpatienten als Ansprechpartner, der sich betreuend um (neue) Patienten kümmert. Schließlich wird man in sein Zimmer geführt, wo man schon einmal damit beginnen kann, auszupacken und seine Sachen zu verstauen.

Kurze körperliche und neurologische Untersuchung
Hierbei handelt es sich um einen Routinecheck, bei dem festgestellt wird, ob der Patient körperlich gesund ist, oder ob er irgendwelche neurologische Auffälligkeiten zeigt. Zur Untersuchung gehören das Messen von Größe und Gewicht und einfache Laboruntersuchungen (Blutuntersuchung, Urin). Auch die bisherige Einnahme von Medikamenten wird hier geklärt. Es ist wichtig, hierbei korrekte Angaben zu machen, damit die entsprechende Medikation weiter geführt oder verändert werden kann. Die Angaben sind auch wichtig, um mögliche Wechselwirkungen mit neu verschriebenen Medikamenten auszuschließen. Wenn man mehrere unterschiedliche Medikamente einnimmt, ist es sinnvoll, schon vorher eine schriftliche Liste anzufertigen und diese mitzubringen.

Aufnahmegespräch mit Arzt und/oder Therapeuten
Hier schildert der Patient dem Arzt/Therapeuten seinen Zustand und sein Erleben. Es wird über eventuelle frühere Behandlungen oder Behandlungsversuche gesprochen und der Patient wird gefragt, welche Vorstellungen und Ziele er hinsichtlich seines Aufenthaltes hat. Der Patient kann hier auch Wünsche bezüglich der Behandlung äußern.

Der Arzt erstellt einen „psychopathologischen Befund“, in dem grundlegende Fragen wie Orientierung, Konzentrationsfähigkeit des Patienten geklärt werden. Auch das Vorhandensein von Ängsten, Zwangsgedanken oder gar Suizidgedanken wird hier abgeklärt. Ebenso Symptome wie Schlafstörungen, Essstörungen oder sexuelle Probleme. Eine ausführlichere Diagnose wird in der Regel erst zu einem späteren Zeitpunkt erstellt, wenn der Arzt den Patienten bereits besser kennt.

Gemeinsame Mahlzeiten
Die Mahlzeiten werden in der Regel gemeinsam mit den anderen Patienten eingenommen. Es wird erwartet, dass man an den gemeinsamen Mahlzeiten teilnimmt. Manchmal bekommt man einen bestimmten Platz zugewiesen, in anderen Kliniken kann man diesen selbst wählen.

Der Tagesablauf

Struktur:
Für depressive Patienten, aber auch für solche mit anderen psychischen Störungen, ist ein strukturierter Tagesablauf wichtig und hilfreich. Dementsprechend „durchorganisiert“ ist der Tagesablauf in der Regel.

Ausschlafen fällt aus
Ausschlafen gibt es im Normalfall nicht. Ganz im Gegenteil: Die ersten morgendlichen Aktivitäten wie Frühstück oder Frühsport beginnen meist schon um 7:00 Uhr oder sogar noch früher. Nach dem Frühstück erfolgt oft eine Besprechung des Tagesablaufs.

Vormittag
In der Regel finden vormittags bereits die ersten Therapien statt. Das können Einzel- oder auch Gruppentherapiesitzungen sein. Je nach Tagesplan gibt es auch Angebote für sportliche oder kreative Aktivitäten.

Beispiel:

  • 7.00 Uhr Walkinggruppe
  • 8.00 Frühstück,
  • 9.00 Uhr Gruppentherapie
  • 11.00 Visite

Mittagessen
Auch das Mittagessen wird gemeinsam eingenommen. Anwesenheit ist in der Regel Pflicht.

Nachmittag
Am Nachmittag finden weitere Therapiesitzungen und Aktivitäten statt. Je nach Tagesplan sind hier auch freie Aktivitäten möglich (Einkaufen, Spazierengehen, Sport)

Abend
Gemeinsames Abendessen mit Anwesenheitspflicht. Freizeit, Kontakt zu Mitpatienten in Aufenthaltsräumen oder im Fernsehzimmer.

Nachtruhe
Der Abend endet meist um 22:00 Uhr. Die Patienten gehen dann auf ihre Zimmer.

Therapiepläne und Aktivitäten
Neben der eigentlichen Psychotherapie (Einzel- oder Gruppentherapie) gibt es weitere Therapieformen und andere Angebote für Aktivitäten. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Sportangebote (Walking, Jogging, Schwimmen, Gymnastik)
  • Entspannungstraining (Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Yoga oder Meditation)
  • Informationsveranstaltungen (Medizinische Aufklärung, Psychoedukation, Prophylaxe)
  • Ergotherapie (Malen, Basteln, Töpfern, Stricken etc.)

Es gibt Pflichtveranstaltungen, an denen der Patient teilnehmen muss und solche, die freiwillig besucht werden können. Je nach Klinik bzw. Krankenversicherung muss der Patient die Teilnahme an den Pflichtveranstaltungen mit seiner Unterschrift quittieren.

Wochenende
Am Wochenende finden meist keine Veranstaltungen und keine Therapie statt. Bestimmte Aktivitäten (z. B. Schwimmbad) stehen aber auch dann zur Verfügung. Patienten, die bereits zwei oder drei Wochen in der Klinik sind, und sich dem gewachsen fühlen, können am Wochenende unter Umständen auch nach Hause fahren.

Die Entlassung
In der Regel entscheidet der behandelnde Arzt, wann es Zeit für die Entlassung wird. Anders als man es sich vielleicht vorstellt, sind viele Patienten gar nicht daran interessiert, möglichst früh entlassen zu werden. Nicht selten wird die Aufenthaltsdauer auch durch die Krankenkasse bzw. Krankenversicherung des Patienten begrenzt. Der Patient, bzw. die Klinik, kann einen Antrag auf Verlängerung stellen, wenn dies medizinisch sinnvoll erscheint.

Belastungserprobung
Oft findet eine sogenannte Belastungserprobung statt. Das bedeutet, dass der Patient zunächst probehalber für ein Wochenende nach Hause geschickt wird. Kommt er damit gut zurecht, steht der Entlassung nichts mehr im Wege.

Ambulante Weiterbehandlung / Wiedereingliederung
Im Normalfall wird ein Patient nicht einfach entlassen, ohne dass die ambulante Weiterbehandlung geklärt ist. Diese findet wie bereits vor dem Aufenthalt durch den eigenen Arzt oder Therapeuten statt. In manchen Fällen findet im Anschluss an den Klinikaufenthalt auch eine schrittweise berufliche Wiedereingliederung statt. Diese kann zum Beispiel so aussehen, dass der Patient zunächst nur für wenige Stunden am Tag seiner alten Arbeit nachgeht. Das Arbeitspensum wird dann Schritt für Schritt erhöht.

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Dieser Beitrag ist ein Auszug aus unserem Buch Depressionen - erkennen - verstehen - überwinden von Alexander Stern.
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Hilfe in Notfällen

Hilfe in Notfällen

Jeder Mensch erlebt in seinem Leben Krisensituationen. Psychische Belastungen oder Erkrankungen können diese noch verschlimmern. Es kann dann zu Situationen kommen, in denen man nicht weiter weiß, verzweifelt ist, oder sogar an Suizid denkt.

Es ist wichtig zu wissen, dass es in solchen Situationen für jeden(!) kostenlose und auf Wunsch anonyme Hilfe gibt.

Hilfsangebote gibt es in unterschiedlichster Form: Am Telefon, per Mail, im Chat oder persönlich. Die Hilfsangebote können auf Wunsch auch anonym genutzt werden. Die Helfer unterliegen in der Regel der Schweigepflicht. Keiner muss sich Sorgen machen, dass seine Probleme nach außen dringen. Das gilt im Fall der Telefonseelsorge sogar für die eigene Telefonrechnung. Anrufe bei der Telefonseelsorge werden nicht registriert und erscheinen weder auf der Telefonrechnung noch im Einzelverbindungsnachweis.

Nehmen Sie die Angebote an, wenn Sie das Gefühl haben, Hilfe zu benötigen. Ein Gespräch hilft oftmals weiter, auch, oder gerade dann, wenn man das Gefühl hat, dass niemand einem helfen kann.

Telefonseelsorge:

Die Telefonseelsorge ist an jedem Tag der Woche rund um die Uhr besetzt.

Telefon: 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222

Chat:        Chat der Telefonseelsorge

Per Mail:  Mailseelsorge

Website:  Telefonseesorge

Muslimisches Sorgentelefon

Das muslimische Sorgentelefon ist rund um die Uhr unter der Nummer 030 / 44 35 09 821 erreichbar.

Persönliche Gespräche

Natürlich können Sie sich mit Ihren Sorgen immer an Ihren Arzt, Psychiater oder Therapeuten wenden. Aber auch Seelsorger wie Pfarrer, Imame oder Rabbiner können Ihnen helfen, wenn kein Arzt oder Therapeut infrage kommt.

In Notfällen können Sie sich auch jederzeit an die Notfallambulanz des nächsten Krankenhauses oder direkt an die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses wenden.

 

Bei akuter Suizidgefahr oder Gefahr für andere

Besteht die akute Gefahr, dass Sie selbst oder ein Angehöriger oder ein Freund einen Suizidversuch unternimmt, sollten Sie ohne zu zögern, die 112  anrufen. 

Versuchen Sie, möglichst ruhig die Situation zu schildern und vergessen Sie nicht, Ihren Namen und die genaue Adresse anzugeben. Lassen Sie die suizidgefährdete Person bis zum Eintreffen der Rettungskräfte nicht allein und entfernen Sie alle Gegenstände, die die Person dazu verwenden könnte, sich selbst oder andere zu verletzen.

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Humor wirkt gegen Angst und Depressionen

Humor wirkt gegen Angst und Depressionen

 

 

„Humor ist, wenn man trotzdem lacht!“ lautet ein beliebtes Sprichwort. Doch leider vergeht vielen das Lachen angesichts täglicher Ärgernisse und Probleme. Umso mehr trifft das natürlich auf diejenigen unter uns zu, die mit seelischen Problemen wie Angst, Panik oder Depressionen zu tun haben.

Dabei kann Lachen erwiesenermaßen ein hilfreiches Mittel sein, mit dem jeder die eigene Stimmung nachhaltig verbessern kann. Zu diesem Resultat kommen mehrere Studien, in denen nachgewiesen wurde, dass die Beschäftigung mit witzigen Inhalten (z. B. Cartoons, Comedy-Serien, Filme oder ganz einfache Wortwitze) zu einer messbaren Verbesserung der Stimmung der Probanden führte. Dies auch, oder sogar gerade dann, wenn diese mit einem negativen Ereignis konfrontiert wurden.

Ganz einleuchtend erscheint das, wenn man über die belastende Situation selbst lachen kann. Ein Beispiel: Wer über den tobenden Chef lacht, ärgert sich weniger über ihn, als der, der nur schmollend an seinem Schreibtisch sitzt.
Aber auch, wenn das, worüber man lacht, gar nichts mit der Ursache des Ärgers zu tun hat, funktioniert das Ganze! Versuchspersonen, die zunächst etwas Witziges sahen oder lasen, erlebten darauf folgende negative Eindrücke als weniger belastend und negativ.
In einem anderen Experiment hatten Schmerzpatienten die Möglichkeit, eine Folge der britischen Serie „Mr. Bean“ anzuschauen. Danach gaben fast alle Probanden an, dass die Intensität ihrer Schmerzen messbar nachgelassen hatte! Andere Untersuchungen zeigten, dass dieser Effekt sogar dann eintrat, wenn die Versuchspersonen es eigentlich gar nicht wollten, oder nicht daran glaubten.

Was lernen wir daraus?
Lachen ist gesund, das gilt für die Psyche und den Körper. Lachen lässt uns Negatives weniger negativ erscheinen, und das ist in jedem Fall gut.

Humor und Lachen wirken selbst dann positiv, wenn wir es eigentlich gar nicht wollen, oder für möglich halten. Es lohnt sich also, gerade dann zu Lachen, wenn einem gar nicht danach ist.
Lachen und Humor können trainiert werden. Wer sich regelmäßig mit witzigen Dingen umgibt, erlernt auch das Lachen wieder. Das kostet am Anfang Mühe, funktioniert dann aber immer besser.
Im Kino, im Fernsehen oder auf YouTube gibt es unzählige witzige Filme und Clips. Es wäre doch gelacht!, wenn da nicht auch für Sie etwas dabei wäre.

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Wie wirken Antidepressiva?

Wie wirken Antidepressiva?

Man muss zugeben, dass die exakten Vorgänge, die im Gehirn bei einer Depression stattfinden, noch nicht zu 100 % verstanden werden. Es deutet aber vieles darauf hin, dass bestimmte Botenstoffe wie Serotonin oder Noradrenalin im Gehirn nicht ausreichend zur Verfügung stehen oder nicht ausreichend wirken können.

Die meisten Antidepressiva setzen hier an und bewirken, dass die Konzentration dieser Botenstoffe im Gehirn wieder steigt. Dazu gehören zum Beispiel die Selektiven Serotonin Wiederaufnahmehemmer (SSRI). Wie der Name schon sagt, sorgen diese Medikamente dafür, dass der Botenstoff Serotonin nicht so schnell abgebaut wird.

Ältere Medikamente aus der Gruppe der „Trizyklischen Antidepressiva“ greifen gleichzeitig in mehrere Neurotransmittersysteme ein. Sie hemmen gleichzeitig die Wiederaufnahme von Serotonin, Noradrenalin und Dopamin. Das klingt doch gut, die müssten doch besonders gut wirken, oder? Tatsächlich haben die älteren Antidepressiva oft eine gute antidepressive Wirkung. Durch die breite Wirkung auf unterschiedlichste Rezeptoren bringen sie aber leider auch relativ viele unerwünschte Nebenwirkungen mit sich. Nichtsdestotrotz sind sie auch heute noch für bestimmte Patienten das Mittel der Wahl.

Wirkungsprofile
Verschiedene Antidepressiva unterscheiden sich hinsichtlich ihres sogenannten Wirkungsprofils. Gemeint ist damit, wie sie sich auf bestimmte Aspekte der Psyche des Patienten auswirken. Antidepressiva können unterschiedliche Wirkungen haben:

Stimmungsaufhellend
Fast alle Antidepressiva haben diese Wirkung.

Antriebssteigernd
Viele depressive Patienten klagen über mangelnden Antrieb. Viele Antidepressiva setzen hier an und steigern den Antrieb.

Antriebsdämpfend
Antriebsdämpfende Antidepressiva haben die Gegenteilige Wirkung. Sie dämpfen den Antrieb zum Beispiel bei Hyperaktivität.

Beruhigend / Sedierend
Manche Antidepressiva wirken beruhigend auf Patienten, die unter Nervosität oder Schlafproblemen leiden.

Angstlösend
Viele Patienten, die unter Depressionen leiden, klagen über Ängste oder Panikanfälle. Angstlösende (anxiolytische) Antidepressiva können helfen, Angst zu mindern oder zu beseitigen.

Schmerzlindernd
Einige Antidepressiva sind dafür bekannt, schmerzlindernd zu wirken. Sie haben sich insbesondere bei chronischen und neuropathischen Schmerzen bewährt.

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Welche Nebenwirkungen haben Antidepressiva?

Welche Nebenwirkungen haben Antidepressiva?

Fast alle Antidepressiva haben unerwünschte Nebenwirkungen. Diese treten vor allem zu Beginn der Einnahme auf und lassen oftmals später nach. In manchen Fällen bleiben Sie aber auch während der gesamten Zeit der Einnahme bestehen. Neuere Antidepressiva zeigen in der Regel weniger starke Nebenwirkungen als ältere Medikamente.

Sind die Nebenwirkungen sehr stark oder belastend kann der Arzt versuchen, durch eine Änderung der Dosierung eine Linderung herbeizuführen. Bisweilen hilft es schon, den Zeitpunkt der Einnahme zu variieren (z. B. nach dem Essen, um Übelkeit zu vermeiden oder vor dem Schlafengehen bei erhöhter Müdigkeit). Manchmal bleibt auch nichts anderes übrig, als das Medikament zu wechseln.

Typische mögliche Nebenwirkungen von Antidepressiva

  • Übelkeit
  • Schwitzen
  • Müdigkeit oder Unruhe
  • Appetitzunahme oder Appetitabnahme
  • Mundtrockenheit
  • Schlafprobleme
  • Probleme beim Wasserlassen
  • Schwindel
  • Kopfschmerzen
  • Muskelschmerzen
  • sexuelle Unlust und/oder sexuelle Dysfunktionen (Impotenz)
  • Obstipation (Verstopfung) oder Durchfall

All diese Nebenwirkungen können auftreten. Sie treten allerdings nicht bei jedem auf und bei niemandem treten alle Nebenwirkungen auf. In der Regel lassen die unerwünschten Wirkungen nach einigen Wochen nach oder verschwinden ganz. Es kommt aber auch vor, dass bestimmte Nebenwirkungen während der Dauer der Einnahme bestehen bleiben. Man muss dann gemeinsam mit dem Arzt entscheiden, ob der Nutzen überwiegt, oder ob man das Medikament unter Umständen ersetzen kann.

Einschleichen verringert die Nebenwirkungen
Bei vielen Mitteln ist es sinnvoll, die Dosis zu Beginn der Einnahme langsam schrittweise zu steigern, bis die endgültige Dosis erreicht ist. Der Körper kann sich so besser an das Medikament gewöhnen. Wie, und in welchem Zeitraum, Sie ein Medikament „aufdosieren“ sollten, entscheidet Ihr Arzt.

Modernere Mittel haben weniger Nebenwirkungen
Es ist in der Regel so, dass Medikamente, die schon sehr lange auf dem Markt sind, ein ungünstigeres Nebenwirkungsspektrum haben als modernere Mittel. Das bedeutet aber nicht, dass die älteren Antidepressiva „schlechter“ sind. Es gibt eine Reihe von Diagnosen, bei denen zum Beispiel die älteren trizyklischen Antidepressiva besser geeignet sind, also neuere Medikamente. Die Entscheidung trifft in jedem Fall Ihr Arzt, dem Sie in dieser Hinsicht auch vertrauen sollten.

Vorsicht „Beipackzettel“
Zu jedem rezeptpflichtigen Medikament gehört ein Zettel mit Patienteninformationen (oft Beipackzettel oder Waschzettel genannt). Auf diesem Beipackzettel sind unter anderem die sogenannten möglichen „unerwünschten Wirkungen“ oder „Nebenwirkungen“ des Medikaments aufgeführt. Erfahrungsgemäß führt das Lesen der entsprechenden Textabschnitte häufig zu nicht geringem Entsetzen. Da die Hersteller verpflichtet sind, alle – auch relativ seltene oder unwahrscheinliche – Nebenwirkungen aufzuführen, bekommen es manche Patienten hier mit der Angst zu tun. Es kommt nicht selten vor, dass Patienten das Medikament nach dem Lesen nur noch sehr widerwillig einnehmen oder es sogar ganz ablehnen. Manchmal treten bestimmte Nebenwirkungen auch erst auf, nachdem der Patient die entsprechenden Passagen gelesen hat. Das Wissen um die unerwünschten Wirkungen und die Erwartung, dass diese eintreten, führen dann erst dazu, dass sie tatsächlich auftreten. Es ist nicht einfach, dieses Problem zu lösen, da das Lesen und Verstehen der Patienteninformationen natürlich wichtig ist.

Tipp: Beipackzettel lesen lassen
Wer weiß, dass er dazu neigt, sich von den Informationen auf dem Beipackzettel erschrecken oder irritieren zu lassen, kann Folgendes tun: Bitten Sie Ihren Arzt, den Beipackzettel für Sie zu lesen und Ihnen nur die Informationen mitzuteilen, die für eine gefahrlose und korrekte Einnahme des Medikaments notwendig sind. Auf diese Weise vermeiden Sie unnötige Beunruhigung oder Ängste und erhalten doch alle notwendigen Informationen.

Keine Panik im Internet
Man sollte sich auch nicht von den Berichten anderer Patienten in bestimmten Internetforen verrückt machen lassen. Denken Sie immer daran, dass sich in solchen Foren vor allem diejenigen zu Wort melden, die Probleme mit einem bestimmten Medikament haben. Dadurch entsteht leicht der falsche Eindruck, als leide so gut wie jeder unter den beschriebenen Nebenwirkungen. Dazu kommt, dass beim Lesen der Eindruck entstehen kann, man könne alle genannten Nebenwirkungen bekommen. Das ist jedoch nicht der Fall. Manche treten sogar nur extrem selten auf.

Nicht einfach selbstständig absetzen
Wenn Sie feststellen, dass bestimmte Nebenwirkungen Ihres Medikamentes für Sie nicht akzeptabel sind, sollten Sie das unbedingt mit Ihrem Arzt besprechen. Keinesfalls sollten Sie das Medikament einfach eigenmächtig absetzen. Sie setzen sich damit dem Risiko aus, dass die Depression zurückkommt. Zudem kann es unangenehme Komplikationen geben, wenn ein Antidepressivum von einem Tag zum anderen einfach abgesetzt wird.

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Wie lange dauert es, bis ein Antidepressivum wirkt?

Wie lange dauert es, bis ein Antidepressivum wirkt?

Antidepressiva wirken in der Regel nicht sofort. Das ist für die Betroffenen oft enttäuschend. Bei vielen Patienten hat es lange gedauert, bis die Erkrankung richtig diagnostiziert wurde, oder sie mussten lange auf einen Arzttermin warten. Dementsprechend erhoffen sie sich rasche Hilfe von einem verschriebenen Medikament. Leider kann diese Hoffnung nicht erfüllt werden. Die bekannten Antidepressiva benötigen in der Regel mindestens zwei Wochen, bevor die erwünschte Wirkung eintritt. Es kann auch durchaus sein, dass ein Medikament 4 oder 6 Wochen benötigt, bevor es seine volle Wirkung zeigt.

Leider trifft das nicht für die unerwünschten Nebenwirkungen zu. Diese treten oft schon nach der ersten Einnahme auf. Manche Patienten zweifeln dann am Sinn der Behandlung oder an der Wirksamkeit des Medikaments, da es scheinbar nur unerwünschte Wirkungen hat. Es ist dann wichtig, Geduld zu haben und sich nach den Anweisungen des Arztes zu richten. Unerwünschte Wirkungen treten oft zu Beginn der Behandlung auf und lassen im Laufe der Zeit nach. Im Gegenzug treten die erwünschten Wirkungen nach einigen Wochen in den Vordergrund.

Bei einigen Medikamenten sind zu Beginn auch nur bestimmte Teile des Wirkspektrums spürbar. So kann es vorkommen, dass zum Beispiel die schmerzlindernde Wirkung eines Antidepressivums schon nach wenigen Tagen spürbar ist, während eine Stimmungsaufhellung erst nach Wochen eintritt.

Warum die meisten Antidepressiva eine so lange Anlaufzeit benötigen, ist nicht endgültig geklärt. Manche Theorien gehen davon aus, dass in der Phase des „Anflutens“ erst eine gewisse Wirkstoffmenge im Körper aufgebaut werden müsse.

Leider bedeutet die lange Anlaufzeit auch, dass sich erst nach längerer Zeit herausstellt, ob ein bestimmtes Antidepressivum bei einem Patienten die gewünschte Wirkung hat oder nicht. Die Patienten müssen deshalb viel Geduld aufbringen, insbesondere dann, wenn erst das zweite oder dritte eingesetzte Antidepressivum die gewünschte Wirkung zeigt.

Vorsicht Suizidgefahr!
Es kann bei der Einnahme eines Antidepressivums vorkommen, dass die antriebssteigernde Wirkung vor der stimmungsaufhellenden eintritt. Das ist  insbesondere bei suizidgefährdeten Patienten problematisch. Es besteht dann die Gefahr, dass das Antidepressivum dem Patienten den notwendigen Antrieb gibt, um sein Vorhaben auszuführen. Es ist deshalb wichtig, den behandelnden Arzt über die Suizidgefahr zu informieren und den Patienten so lange zu beobachten, bis auch die stimmungsaufhellende Wirkung des Medikaments einsetzt. Wegen der besseren Möglichkeiten der Überwachung kann es günstig sein, das in einer Klinik durchzuführen.

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