Das Autogene Training ist eine Entspannungsmethode, die mit Hilfe von sogenannten Autosuggestionen (Erklärung: weiter unten) arbeitet. Es wurde bereits in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts von dem Berliner Psychiater, Johannes Heinrich Schulz, entwickelt.
Die Ursprünge des Autogenen Trainings liegen in der Hypnose. Das Autogene Training ist nicht zuletzt selbst auch ein Verfahren der Selbsthypnose.
Das AT (Autogene Training) stellt neben der Progressiven Muskelentspannung (PM) das am häufigsten und erfolgreichsten eingesetzte Verfahren zur Entspannung von Körper und Seele dar. Kein anderes Entspannungsverfahren wird häufiger zur Selbstentspannung aber auch zur Behandlung typischer Stresserkrankungen eingesetzt.
In Österreich ist das AT eine von den Krankenkassen anerkannte Methode der Psychotherapie. In Deutschland übernehmen die Kassen häufig die Kosten, wenn das AT zum Beispiel in einem Kurs unter Leitung eines Arztes erlernt wird.
Ziel ist es letztlich, ähnlich wie bei der Progressiven Relaxation die angenehmen, entspannenden und Stress mindernden Zustände auch außerhalb der Übungen im Alltag zu erreichen. So erreichen viele Übende nach längerer Zeit die Fähigkeit, durch Kurzformeln wie „Arme und Beine ganz schwer“ oder „Herzschlag ruhig und gleichmäßig“ die Effekte zu erzielen, die beim Üben meist erst nach etlichen Minuten auftreten. Sie werden durch das Autogene Training also in die Lage versetzt, sich in Stresssituationen blitzschnell zu entspannen und so Stress und Angst einen Teil ihrer unangenehmen Folgen zu nehmen.
Ein weiteres wichtiges Element des Autogenen Trainings sind formelhafte Autosuggestionen, deren Ziel es ist, erwünschte Verhaltensweisen hervorzubringen oder unerwünschte auf Dauer zu eliminieren.
Solche Autosuggestionen können zum Beispiel angewandt werden, um das Rauchen aufzugeben („Zigaretten werden immer unwichtiger“), Ängste abzubauen („Prüfung gelingt mir leicht und locker“).
Aus diesem Grunde ist das AT auch für Angst-Betroffene besonders interessant. Durch Autosuggestionen wie „In der Straßenbahn bin ich ruhig und entspannt“, oder „Panikattacke geht schnell vorbei“ werden in vielen Fällen achtbare Erfolge erzielt.
Der große Vorteil des AT besteht darin, dass es, nach einer kurzen Einführung, jeder selbst und zu jeder Zeit problemlos durchführen kann. Das AT ist damit ein Entspannungsverfahren, das keinen Cent kostet und keine negativen Nebenwirkungen hat.
Vorteile des Autogenen Trainings:
- Kann leicht erlernt werden
- Kann auch von Anfängern selbstständig durchgeführt werden
- Kostet nichts
- Kann jederzeit und überall durchgeführt werden
- Kann im Liegen, im Sitzen und sogar im Stehen durchgeführt werden
- Ist nachgewiesenermaßen äußerst wirksam
Wie kann man das Autogene Training erlernen?
Das AT ist ausdrücklich als Selbstbehandlungsmethode angelegt. Das heißt, man kann es theoretisch auch ohne jede äußere Anleitung erlernen. In der Praxis hat es sich aber als nützlich und sinnvoll erwiesen, die ersten Schritte unter Anleitung eines Trainers oder Arztes zu erlernen.
Geeignete Kurse werden in jeder Volkshochschule und auch von vielen Krankenkassen und Ärzten angeboten.
Wer keine Gelegenheit hat, an einem solchen Kurs teilzunehmen, kann das AT auch mithilfe von Büchern oder Tonaufnahmen in Form von CDs oder MP3-Dateien erlernen.
Entsprechende Anleitungen gibt es im Handel. Audio-Anleitungen können auch im Internet, oftmals kostenlos, heruntergeladen werden. Geben Sie dazu einfach in der Suchmaske einer Suchmaschine wie zum Beispiel Google die Begriffe „Autogenes Training“, „Audio“, „Anleitung“ und „kostenlos“ ein. Sie werden so eine Vielzahl von Quellen für das legale Herunterladen von Audioanleitungen finden.
Wenn Sie sich zutrauen, über einen längeren Zeitraum das AT konsequent, das heißt täglich mindestens einmal, durchzuführen, sollten Sie dieser Entspannungstechnik eine Chance geben, da sie neben einer Verringerung der Angst in jedem Fall eine Verringerung der inneren Anspannung und damit eine Verbesserung des Allgemeinbefindens mit sich bringt.
Auf welchen Grundlagen basiert das Autogene Training?
Das AT basiert auf der Beobachtung, dass jeder Mensch in der Lage ist, allein durch seine Vorstellungskraft einen Zustand von Entspannung willentlich herbeizuführen.
Für die AT – Basisübungen spielt dabei vor allem die Fähigkeit eine Rolle, die Durchblutung und die Spannung der Muskulatur durch reine Willenskraft zu beeinflussen.
Psychologen und Ärzte hatten schon früh herausgefunden, dass zwischen psychischer Anspannung und der Spannung der Muskulatur ein direkter Zusammenhang besteht. Die Muskulatur von Menschen, die angespannt sind oder auch Angst haben, steht unter messbar erhöhter Spannung. Umgekehrt sinkt die Muskelspannung automatisch, wenn eine seelische Entspannung eintritt, oder die Angst nachlässt.
Interessanterweise funktioniert das nicht nur in eine Richtung. Das heißt, es tritt nicht nur eine Entspannung der Muskeln ein, wenn der Mensch psychisch entspannt ist. Vielmehr gilt auch der umgekehrte Fall: Wenn sich die Muskulatur entspannt, sinkt auch die psychische Spannung.
Man kann also allein durch die Entspannung der Muskulatur bewirken, dass sich auch der Geist entspannt.
Bestimmte Medikamente machen sich dieses Phänomen zunutze, indem sie gezielt die Muskulatur des Menschen entspannen, um so zum Beispiel Ängste zu reduzieren.
Das AT nutzt ebenfalls diese Zusammenhänge. Deshalb besteht ein wesentlicher Teil der Basisübungen darin, die Muskulatur zu entspannen.
Ein ähnlicher Zusammenhang wie zwischen psychischer und muskulärer Anspannung besteht auch zwischen der Spannung der äußeren Blutgefäße (z. B. die der Haut) und innerer Anspannung. Das AT nutzt diesen Zusammenhang dazu, gezielt die Blutgefäße zu weiten, um dem Gehirn das Signal zur mentalen Entspannung zu senden.
Bei den Basisübungen stehen deshalb diese zwei Übungen im Vordergrund:
Schwereübungen
Bei diesen Übungen wird durch Autosuggestion gezielt die Muskulatur in Armen, Beinen und im Rumpf entspannt.
Wärmeübungen
Bei diesen Übungen wird durch Autosuggestion gezielt die Durchblutung in Armen, Beinen und im Rumpf angeregt.
Was bedeutet Autosuggestion und wie funktioniert sie?
Autosuggestion bedeutet soviel wie Selbstbeeinflussung. Ähnlich wie die Selbsthypnose funktioniert Autosuggestion dadurch, dass der Übende sein Unterbewusstsein dazu bringt, an etwas Bestimmtes zu glauben.
In der Praxis sieht das so aus, dass das Unterbewusstsein durch häufig wiederholte formelhafte Gedanken und Vorstellungen davon überzeugt wird, dass ein gewünschter Zustand bereits eingetreten ist. Dies kann durch möglichst intensive bildhafte Vorstellung dessen, was erwünscht ist, noch bekräftigt werden.
Beim AT benutzt man für die Autosuggestionen einen Trick. Da es nur schwer möglich ist, die erwünschte Entspannung der Muskulatur oder die Weitung der Blutgefäße in Worte zu fassen oder sich bildhaft vorzustellen, beschreitet man einen kleinen Umweg.
Statt entspannter Muskeln stellt sich der Übende vor, dass sein Körper schwer und schwerer wird. Da das Schweregefühl direkt mit einer Entspannung der Muskulatur korrespondiert, wird das Ziel so auf indirektem Wege erreicht.
Das Gleiche gilt für die Weitung der Blutgefäße. Hier stellt sich der Übende vor, dass seine Arme, Beine und schließlich sein ganzer Körper warm und wärmer werden. Das Gefühl der Wärme hängt wiederum direkt mit einer besseren Durchblutung und einer Weitung der Blutgefäße zusammen.
Ausgeführt werden die Autosuggestionen mithilfe von formelhaften Sätzen, die immer wieder wiederholt werden.
Mit folgenden Suggestionen wird zum Beispiel das Schweregefühl in Armen und Beinen hervorgerufen:
„Mein rechter Arm ist ganz schwer.“
„Mein linker Arm ist ganz schwer.“
„Mein rechtes Bein ist ganz schwer.“
… und so weiter.
Das heißt, die betroffene Person stellt sich intensiv vor, dass der Zustand (z. B. Schwere der Arme) tatsächlich bereits eingetreten ist.
Und tatsächlich lassen sich beim Autogenen Training die Muskeln gezielt durch Affirmationen entspannen.
Messbare Effekte zeigen auch die Formeln zur Wärme, die eine messbare Verbesserung der Durchblutung erzeugen.
Beispiele:
„Mein rechter Arm ist strömend warm“
„Rechtes Bein ist warm“
oder
„Meine Beine sind ganz warm“
Das Verfahren des AT läuft immer nach einem bestimmten Schema ab.
Der Übende nimmt dabei eine bestimmte Körperhaltung im Sitzen oder im Liegen ein und beginnt damit, eine Reihe von Affirmationen in einer bestimmten Reihenfolge mehrfach zu wiederholen.
Dabei werden vor allem drei Übungsbereiche behandelt:
- Schwereübung: Entspannung der Muskulatur
- Wärmeübung: Verbesserung der Durchblutung
Hinzu kommen manchmal noch spezielle Übungsformeln zur Beeinflussung der Funktion bestimmter Organe. So kann zum Beispiel durch eine Formel wie „Mein Herz schlägt ruhig und gleichmäßig.“ der Herzschlag positiv reguliert werden.
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus unserem Buch Das große Angstbuch von Alexander Stern.
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