Machen Antidepressiva abhängig?

Machen Antidepressiva abhängig?

Nein, Antidepressiva machen nicht abhängig. Auch wenn das von vielen Menschen befürchtet wird, tritt auch bei längerer Einnahme keine Abhängigkeit wie zum Beispiel bei Beruhigungs- oder Schlafmitteln auf. Die typischen Merkmale einer Sucht bestehen darin, dass der Süchtige eine Toleranz gegenüber dem Suchtstoff entwickelt und in der Folge eine immer höhere Dosis benötigt, um eine Wirkung zu erzielen. Beides ist bei Antidepressiva nicht der Fall. Insbesondere eine Suchtentwicklung, wie bei Alkohol oder anderen Drogen ist bei Antidepressiva nicht zu befürchten.

Absetzsyndrom
Allerdings sollten Antidepressiva insbesondere nach längerer Einnahme nicht einfach plötzlich abgesetzt oder die Dosis eigenmächtig reduziert werden. Wie bei allen Medikamenten gewöhnt sich der Körper im Laufe der Zeit an den Wirkstoff. Wird das Medikament plötzlich abgesetzt, kann das eine ganze Reihe von unerwünschten Effekten haben. Trotzdem kann man ein Antidepressivum nach Beendigung der Behandlung schrittweise absetzen, ohne dass der Patient in der Folge oder zu einem späteren Zeitpunkt das Bedürfnis verspürt, das Medikament erneut einzunehmen. Auch das ist ein wichtiger Unterschied zu einer Sucht, bei der das Verlangen nach dem Suchtstoff meist ein Leben lang bestehen bleibt.

Antidepressiva können eine Sucht sogar oft verhindern
Untersuchungen zeigen, dass bei nicht wenigen Menschen, die an einer Suchterkrankung leiden (z. B. Alkohol- oder Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit) eine unbehandelte Depression als Grunderkrankung vorliegt oder vorlag. Oftmals greifen die Betroffenen zu Alkohol oder anderen Drogen, um die negativen Effekte einer vorliegenden Depression abzumildern oder besser ertragen zu können. Nicht selten, weil die zugrunde liegende Depression nicht erkannt und behandelt wird oder wurde. Das rechtzeitige Erkennen einer depressiven Erkrankung und die Behandlung mit Psychotherapie und/oder Antidepressiva können die Betroffenen in diesen Fällen also sogar davor bewahren, eine stoffgebundene Sucht zu entwickeln.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus unserem Buch Depressionen - erkennen - verstehen - überwinden von Alexander Stern.
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Verändern Antidepressiva die Persönlichkeit?

Verändern Antidepressiva die Persönlichkeit?

Um es kurz zu machen, nein, Antidepressiva verändern die Persönlichkeit in der Regel nicht oder nur unwesentlich. Das Gegenteil ist der Fall. Durch die Depression verändert sich häufig die Persönlichkeit der Patienten. Mithilfe von Antidepressiva wird diese Veränderung wieder rückgängig gemacht. Der Patient ist dann wieder so, wie er vor der Erkrankung war. Die Medikamente stellen sozusagen den Ausgangzustand oder „Normalzustand“ wieder her. Ein Hinweis darauf, dass das so ist, ist auch die Tatsache, dass Antidepressiva in der Regel bei Gesunden keine Wirkung zeigen. Versuche haben gezeigt, dass bei nicht-depressiven Probanden lediglich die unerwünschten Nebenwirkungen, nicht aber die antidepressive Wirkung der Medikamente zum Tragen kam.

Einige aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Patienten, die bestimmte Antidepressiva, die sogenannten „Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer“ (SSRI) einnahmen, eine leichte positive Veränderung bestimmter Faktoren der Persönlichkeit. Insbesondere Neurotizismus (Neigung zu negativen und instabilen Emotionen) und Extraversion (Fähigkeit und Neigung zur Kommunikation mit anderen) waren verändert.
Insgesamt zeigten sich die Probanden aufgeschlossener, kontaktfreudiger und weniger labil als zuvor. Tatsächlich sind das aber auch Eigenschaften, die man von einem Antidepressivum erwartet. Zu zeigen, inwiefern diese Veränderungen tatsächlich eine Veränderung der Persönlichkeit oder „nur“ eine Wiederherstellung des vordepressiven Zustands darstellen, dürfte schwierig sein. Wichtiger ist, dass die durch das Medikament hervorgerufene Veränderung der beiden Persönlichkeitsmerkmale den Patienten dabei hilft, ihre Gemütsstörung zu überwinden.

Grundsätzlich gilt natürlich, dass Psychopharmaka (= Medikamente, die auf die Psyche des Menschen wirken), nicht bei jedem Menschen gleich wirken. Und so kann auch ein Medikament, das bei 98 von 100 Patienten unproblematisch ist, bei den restlichen zwei Patienten unerwünschte Wirkungen haben. Es sollte deshalb auch bei der Einnahme von Antidepressiva immer beobachtet werden, ob sich das Verhalten oder das Denken des Patienten möglicherweise in ungünstiger Weise verändert. Eine ungünstige Veränderung der Persönlichkeit oder des Verhaltens eines Patienten nach der Einnahme von Antidepressiva ist weder erwünscht noch „normal“.

Besondere Vorsicht bei Kindern und Jugendlichen!
Es gab in der Vergangenheit Fälle, in denen die Einnahme eines Antidepressivums bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen möglicherweise zu aggressivem Verhalten oder zu Suizidversuchen geführt hat. Die entsprechenden Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Ein eindeutiger Zusammenhang ließ sich nur schwer herstellen bzw. nachweisen. Trotzdem sollten Ärzte, Eltern oder Betreuer hier ganz besonders sensibel sein. Spätestens, wenn sich das Verhalten eines (jungen) Menschen nach der Einnahme eines Antidepressivums spürbar negativ verändert, sollte umgehend der behandelnde Arzt darüber informiert werden.

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Machen Antidepressiva „High“?

Machen Antidepressiva „High“?

Nein, Antidepressiva sind keine Drogen, die glücklich machen oder euphorisieren. Es besteht auch nicht die Gefahr, durch die Einnahme eines Antidepressivums plötzlich in einen manischen Zustand zu geraten. Einzige Ausnahme: Patienten, die unter einer bipolaren Störung leiden. Sie müssen auf bestimmte Antidepressiva verzichten, um einen „Switch“ in eine manische Phase zu vermeiden. Bei Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, regulieren Antidepressiva lediglich bestimmte Funktionen im Hirnstoffwechsel. Die Betroffenen fühlen sich nach der Einnahme eines Antidepressivums nicht „high“, sondern einfach wieder „normal“.

Menschen, die nicht unter einer Depression leiden, spüren nach der Einnahme eines Antidepressivums in der Regel lediglich die Nebenwirkungen. Das ist auch der Grund dafür, warum Antidepressiva in der Drogenszene keine Rolle spielen. Sie können sicher sein, dass Drogenabhängige und Drogenhändler in dieser Richtung schon alles Erdenkliche ausprobiert haben.

Antidepressiva als Lifestyle-Droge?
Einige Antidepressiva sind aufgrund ihrer antriebssteigernden Wirkung in den Ruf gekommen, von Workaholics als „Aufputschmittel“ missbraucht zu werden. Davon ist allerdings schärfstens abzuraten. Wer versucht, mit Medikamenten die natürlichen Ressourcen seines Körpers auszubeuten und zu überschreiten, setzt sich einem erheblichen gesundheitlichen Risiko aus.

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Machen Antidepressiva dick?

Machen Antidepressiva dick?

Diese Frage lässt sich nicht einfach mit Ja oder nein beantworten. Tatsächlich ist es so, dass bestimmte Antidepressiva appetitsteigernd wirken, oder den Stoffwechsel beeinflussen. Das ist häufig auch ein erwünschter Effekt, weil besonders Patienten, die unter schweren Depressionen leiden, kaum Appetit haben und im Verlauf der Erkrankung häufig stark abnehmen.

Im weiteren Verlauf der Behandlung führt der gesteigerte Appetit dann allerdings oft zu einer unerwünschten Gewichtszunahme, wobei eine Zunahme von mehreren Kilo nicht ungewöhnlich ist. Die Patienten sind dann angehalten, den Konsum von Nahrung, aber auch insbesondere von Schokolade und anderen stark kalorienhaltigen Süßigkeiten und Getränken im Rahmen zu halten.

Gleichzeitig wirkt sich natürlich jede sportliche Betätigung positiv auf das Gewicht aus. Steht die Gewichtszunahme in keinem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen des Antidepressivums, kann der Arzt ein Medikament einer anderen Wirkstoffgruppe verschreiben, das weniger stark oder gar nicht appetitanregend wirkt. Leider unterscheiden sich die verschiedenen Antidepressiva auch hinsichtlich ihrer Wirkprofile. Das heißt, es lässt sich nicht immer vermeiden, dass ein Patient ein Mittel benötigt, das auch den Appetit steigert.

Antidepressive Wirkstoffe, die zu einer Gewichtszunahme führen können

  • Trizyklische Antidepressiva
    z. B. Amitryptilin, Clomipramin, Maprotilin, Trimipramin
  • Andere
    z. B. Mirtazapin

Antidepressive Wirkstoffe, die eher nicht zu einer Gewichtszunahme führen

  • Serotonin Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI)
    z. B. Citalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin
  • Serotonin und Noradrenalin Wiederaufnahme-Hemmer
    z. B. Venlaxafin
  • Selektive Noradrenalin Wiederaufnahme-Hemmer
    z. B. Reboxetin, Atomoxetin
  • Reversible und irreversible MAO-Hemmer
    z. B. Moclobemid, Tracylpromin

 

 

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Machen Antidepressiva impotent?

Machen Antidepressiva impotent?

Auch diese Frage lässt sich nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Zunächst ist der Verlust des Interesses an sexueller Nähe ein häufiges Symptom der Depression selbst. Es ist noch nicht vollständig erforscht, woran das im Einzelnen liegt. Es liegt jedoch die Vermutung nahe, dass auch hierbei die gestörten chemischen Vorgänge im Gehirn eine Rolle spielen. Männer, die unter Depressionen leiden, haben nicht selten Erektionsprobleme oder verlieren gänzlich die Lust am Sex. Ganz ähnlich ergeht es vielen Frauen. Bei ihnen stehen die Unfähigkeit, zum Orgasmus zu kommen und eben auch die sexuelle Unlust im Vordergrund.

Auch viele Antidepressiva beeinflussen das sexuelle Erleben, die Erregbarkeit oder einfach generell die Lust auf Sex. Allerdings tritt diese unerwünschte Nebenwirkung nicht bei allen Antidepressiva und nicht bei allen Patienten auf. Es lohnt sich also in jedem Fall, das Problem mit dem behandelnden Arzt zu besprechen und ggf. das Antidepressivum zu wechseln. Manchmal kann auch nach einer Stabilisierung die Dosis eines Antidepressivums reduziert werden. Ob das möglich oder zum aktuellen Zeitpunkt der Behandlung sinnvoll ist, kann nur Ihr Arzt entscheiden.

Leider haben viele Patienten Hemmungen, sexuelle Probleme bei Ihrem Arzt anzusprechen. Dazu besteht aber kein Anlass. Die Probleme sind jedem Arzt bekannt und nicht selten gibt es eine für den Patienten besser verträgliche Lösung. Grundsätzlich sollten Sie keine Hemmungen haben, Ihren Arzt auf das Problem anzusprechen.

Es gibt sogar einige wenige Antidepressiva, die die genau gegenteilige Wirkung haben. So hat der als Antidepressivum leider nicht sehr effektive Wirkstoff Flibanserin auf Frauen eine ähnliche Wirkung wie Viagra®.

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„Ich habe gehört, dass Antidepressiva gar nicht wirken!“

„Ich habe gehört, dass Antidepressiva gar nicht wirken!“

Mit diesen oder ähnlichen Äußerungen von Patienten sehen sich zurzeit viele Ärzte und Therapeuten konfrontiert. Schuld sind Medienberichte, die sich in zum Teil unzulässig vereinfachender oder falscher Weise auf vereinzelte Studien zur Wirksamkeit von Antidepressiva beziehen.

In den letzten Jahren wurde vor allem über eine Studie des britischen Psychologen Irving Kirsch berichtet. Kirsch zweifelt in dieser Studie an, dass bestimmte Antidepressiva bei leichteren Formen der Depression besser wirken als ein Scheinmedikament ohne wirksame Inhaltsstoffe (Placebo). Gleichzeitig stellt aber auch er in seinen Studien fest, dass Antidepressiva bei schwereren Formen von Depressionen durchaus besser wirken als die Placebopräparate. Das belegt also das genaue Gegenteil dessen, was in der Presse immer wieder über diese Studie berichtet wird.

Darüber hinaus stehen Kirschs Ergebnissen eine ganze Reihe von Studien renommierter Wissenschaftler entgegen, die gezeigt haben, dass Antidepressiva insbesondere bei schweren Depressionen eine eindeutig nachweisbare positive Wirkung haben. Natürlich erregen diese Ergebnisse weniger mediale Aufmerksamkeit als etwaige „Sensationsmeldungen“ über die Nichtwirksamkeit von Antidepressiva. Zurück bleiben verunsicherte Patienten, die an der Wirksamkeit ihrer Medikamente oder gar an der Kompetenz ihres Arztes zweifeln.

Dass Antidepressiva durchaus eine Wirkung haben, bestätigen nicht zuletzt Millionen von Patienten, die ihre Depression mithilfe von Antidepressiva überwunden haben und wieder ein normales Leben führen können. Lassen Sie sich von solchen Meldungen nicht verunsichern. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt und verlassen Sie sich auf dessen Rat.

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