Viele Menschen haben nur eine sehr ungenaue Vorstellung davon, was bei einer Psychotherapie geschieht. Oftmals beruhen die Vorstellungen davon auf Hörensagen oder auf ungenauen Informationen aus den Medien. Nicht wenige denken bei dem Begriff Psychotherapie automatisch an ein Szenario, in dem der Patient auf einer Couch liegt, während der Therapeut danebensitzt, zuhört und sich ab und zu Notizen macht. Das hat allerdings nur wenig mit dem zu tun, worum es bei modernen psychotherapeutischen Verfahren geht.

Grundsätzlich handelt es sich bei einer Psychotherapie um ein wissenschaftlich fundiertes therapeutisches Verfahren, mit dem psychische Erkrankungen ohne den Einsatz von Medikamenten behandelt werden. Das bedeutet nicht, dass die Patienten für die Dauer der psychotherapeutischen Behandlung keine Medikamente einnehmen dürfen. Nur sind diese eben nicht Teil der psychotherapeutischen Behandlung. Die setzt nämlich im Gegensatz zur Psychopharmakotherapie (also der Therapie mit Medikamenten) auf Gespräche und das Erlernen von Verhaltensmustern, die sich günstig auf die Erkrankung bzw. deren Überwindung auswirken. Und auch, wenn es manchmal so dargestellt wird: Psychotherapie und die medikamentöse Therapie mit Antidepressiva sind keine Gegensätze. Sie ergänzen einander.

Gespräche
Fast alle Psychotherapien laufen in Gesprächsform ab. Das heißt, der Therapeut stellt dem Patienten eine Frage oder dieser berichtet von sich aus darüber, was ihn beschäftigt. Durch Nachfragen kann der Therapeut genauer herausfinden, wo die Probleme des Patienten liegen. Manchmal wird der Therapeut das Gesagte auch mit anderen Worten wiederholen. Dem Patienten selbst wird dadurch oft klarer, was er meint oder warum er eine bestimmte Ansicht vertritt. Überhaupt wird ein Therapeut häufig nachfragen, warum der Patient bestimmte Dinge glaubt oder vermutet. Der Patient erkennt dadurch, dass viele seiner negativen Annahmen keine reale Grundlage haben und nur auf ungünstigen Annahmen basieren.

„Hausaufgaben“
Insbesondere bei verhaltenstherapeutischen Verfahren wird viel Wert auf die aktive Mitarbeit des Patienten gelegt. Ein guter Verhaltenstherapeut wird dem Patienten regelmäßig Aufgaben mit auf den Weg geben, die dieser bis zur nächsten Therapiesitzung erledigen soll. Das kann zum Beispiel das Führen eines Stimmungstagebuchs sein, oder auch die Umsetzung des in der Therapie Erlernten im Alltag. Eine typische Aufgabe ist auch das Aufschreiben negativer Gedanken oder Vermutungen und deren Überprüfung an der Realität. Insbesondere die Übertragung von neu erlernten Denk- und Verhaltensweisen in den Alltag hat nachhaltige positive Effekte, die weit über das Ende der Therapie hinaus reichen.

Tests
Unter Umständen wird der Therapeut zu Beginn und im Verlauf der Sitzungen einen oder mehrere Tests mit dem Patienten durchführen. Dazu werden sogenannte „standardisierte“ Tests verwendet, also solche, die wissenschaftlich erprobt sind. Der Patient füllt dazu Fragebögen aus oder beantwortet Fragen des Therapeuten. Dieser wertet den Test dann nach bestimmten Regeln aus. Therapeut und Patient erhalten dadurch wichtige Informationen, die die Persönlichkeit oder bestimmte Denkmuster des Patienten betreffen. Wird ein solcher Test nach einigen Wochen oder Monaten wiederholt, lassen sich die Fortschritte ablesen, die der Patient in der Therapie gemacht hat.

Schwierige Therapiesituationen
Im Verlauf einer Therapie kommt es immer wieder vor, dass Themen oder Probleme zur Sprache kommen, über die zu sprechen es dem Patienten schwerfällt. Es kann auch passieren, dass der Patient beginnt, zu weinen, wenn es um schmerzliche Erfahrungen oder Erkenntnisse geht. Viele Patienten fürchten sich vor dieser Situation. Diese Sorge ist aber unbegründet. Ein guter Therapeut weiß, wie er damit umgehen muss, und wird den Patienten entsprechend rücksichtsvoll behandeln. Offene und vertrauensvolle Gespräche sind ein wichtiger Bestandteil jeder Psychotherapie. Deshalb ist es wichtig, schon bei der Auswahl des Therapeuten darauf zu achten, dass dieser sympathisch und vertrauenserweckend wirkt.

Erlernen von Entspannungsverfahren
Unter Umständen bietet der Therapeut dem Patienten das Erlernen und Einüben bestimmter Übungen zur Entspannung an. Der Patient lernt dadurch, sein Stresslevel aktiv zu reduzieren. Er kann so Anforderungen im Alltag entspannter und angstfreier bewältigen.

Begleitet mich der Therapeut im Alltag?
Auch wenn man im Film immer wieder Therapeuten sieht, die ihre Patienten im Alltag begleiten und unterstützen, kommt dies in der Realität nur selten vor. Der Normalfall ist, dass der Patient einen Termin bekommt und den Therapeuten zum angegebenen Zeitpunkt in dessen Praxisräumen aufsucht. Ein Kontakt zwischen Therapeut und Patient kommt außerhalb der Praxis im Normalfall bestenfalls telefonisch vor.

Wie eine bestimmte Therapiesitzung im Detail abläuft, hängt vor allem von der Methode ab, nach der der Therapeut arbeitet.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus unserem Buch Depressionen - erkennen - verstehen - überwinden von Alexander Stern.
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