Antidepressiva wirken in der Regel nicht sofort. Das ist für die Betroffenen oft enttäuschend. Bei vielen Patienten hat es lange gedauert, bis die Erkrankung richtig diagnostiziert wurde, oder sie mussten lange auf einen Arzttermin warten. Dementsprechend erhoffen sie sich rasche Hilfe von einem verschriebenen Medikament. Leider kann diese Hoffnung nicht erfüllt werden. Die bekannten Antidepressiva benötigen in der Regel mindestens zwei Wochen, bevor die erwünschte Wirkung eintritt. Es kann auch durchaus sein, dass ein Medikament 4 oder 6 Wochen benötigt, bevor es seine volle Wirkung zeigt.
Leider trifft das nicht für die unerwünschten Nebenwirkungen zu. Diese treten oft schon nach der ersten Einnahme auf. Manche Patienten zweifeln dann am Sinn der Behandlung oder an der Wirksamkeit des Medikaments, da es scheinbar nur unerwünschte Wirkungen hat. Es ist dann wichtig, Geduld zu haben und sich nach den Anweisungen des Arztes zu richten. Unerwünschte Wirkungen treten oft zu Beginn der Behandlung auf und lassen im Laufe der Zeit nach. Im Gegenzug treten die erwünschten Wirkungen nach einigen Wochen in den Vordergrund.
Bei einigen Medikamenten sind zu Beginn auch nur bestimmte Teile des Wirkspektrums spürbar. So kann es vorkommen, dass zum Beispiel die schmerzlindernde Wirkung eines Antidepressivums schon nach wenigen Tagen spürbar ist, während eine Stimmungsaufhellung erst nach Wochen eintritt.
Warum die meisten Antidepressiva eine so lange Anlaufzeit benötigen, ist nicht endgültig geklärt. Manche Theorien gehen davon aus, dass in der Phase des „Anflutens“ erst eine gewisse Wirkstoffmenge im Körper aufgebaut werden müsse.
Leider bedeutet die lange Anlaufzeit auch, dass sich erst nach längerer Zeit herausstellt, ob ein bestimmtes Antidepressivum bei einem Patienten die gewünschte Wirkung hat oder nicht. Die Patienten müssen deshalb viel Geduld aufbringen, insbesondere dann, wenn erst das zweite oder dritte eingesetzte Antidepressivum die gewünschte Wirkung zeigt.
Vorsicht Suizidgefahr!
Es kann bei der Einnahme eines Antidepressivums vorkommen, dass die antriebssteigernde Wirkung vor der stimmungsaufhellenden eintritt. Das ist insbesondere bei suizidgefährdeten Patienten problematisch. Es besteht dann die Gefahr, dass das Antidepressivum dem Patienten den notwendigen Antrieb gibt, um sein Vorhaben auszuführen. Es ist deshalb wichtig, den behandelnden Arzt über die Suizidgefahr zu informieren und den Patienten so lange zu beobachten, bis auch die stimmungsaufhellende Wirkung des Medikaments einsetzt. Wegen der besseren Möglichkeiten der Überwachung kann es günstig sein, das in einer Klinik durchzuführen.
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus unserem Buch Depressionen - erkennen - verstehen - überwinden von Alexander Stern.
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