Wir haben ja bereits darüber gesprochen, wie schwierig es sein kann, den unbewusst und automatisch ablaufenden Prozess der Bewertung von Personen, Ereignissen, von Gedanken und Gefühlen zu kontrollieren.
Das größte Problem dabei ist, dass die Bewertung in der Regel so schnell stattfindet, dass man oft nicht schnell genug „einhaken“ kann, um sie zu stoppen.

Eine Übungsmethode, die dabei helfen kann, ist das sogenannte „Benennen“.
Beim Benennen geht es darum, die Eindrücke aus der Umwelt oder auch aus unserem Inneren jeweils einem einfachen Wort zuzuordnen. Stellen Sie sich vor, Sie würden allen Dingen, die Sie sehen, hören oder fühlen, ein Etikett aufkleben, auf dem ein Name für das Ding steht.

Beim Benennen sollen möglichst einfache und umfassende Wörter gefunden werden.
Sehen Sie zum Beispiel ein Auto, benennen Sie es einfach als „Auto“, nicht als „VW-Golf-Cabrio“ oder als „Mercedes Sondermodell 2014 mit 240 PS“.

Genauso benennen Sie einen Baum einfach als „Baum“ und nicht als „Birke“, oder „Tanne“.

Genauso wichtig ist es, das Benannte nicht zu analysieren und/oder zu bewerten. So ist die Bezeichnung „Pflanze“ für eine Knöterichpflanze in Ordnung, nicht aber die Bezeichnung „Unkraut“. Das gilt übrigens auch dann, wenn Sie sich maßlos darüber Ärgern, dass diese „Pflanze“ bereits die Hälfte Ihres Gartens überwuchert.

Genauso können Sie es mit Geräuschen machen. Ganz gleich, ob in der freien Natur oder in der Stadt. Achten Sie darauf, was Sie hören und kleben Sie dem Geräusch ein Etikett mit seinem Namen auf.
Auch hier gilt: Immer eine einfache Bezeichnung wählen und das Geräusch nicht analysieren oder bewerten. Das Geräusch einer Biene kann zum Beispiel als „Summen“ bezeichnet werden. Das vorbeilaufender Menschen als „Schritte“.

Wie wir ja bereits im Abschnitt über die Sitzmeditation gesehen haben, kommt die Methode des Benennens auch zum Einsatz, wenn wir Empfindungen in unserem Inneren nur registrieren wollen. In diesem Fall hilft es ebenfalls bestimmten Empfindungen einfache Namen zu geben. Beispiele sind „Kribbeln“, „Jucken“, „Brennen“, „Druck“  und so weiter. Ihrer Fantasie sind hierbei keine Grenzen gesetzt. Versuchen Sie dabei, Bewertungen zu vermeiden.

Tipp:

Unser Gehirn neigt häufig dazu, aus nichtigem Anlass eine endlose Kette von (oft negativen) Gedanken zu starten. Wenden Sie die Benennen-Übung dazu an, um diese automatische Gedankenflut zu kontrollieren.
Sobald Sie ein Etikett auf einen Gegenstand, ein Geräusch, einen Geruch oder ein Gefühl „geklebt“ haben, lassen Sie es wieder los.
Es ist bei dieser Übung nicht erwünscht, über das aktuelle Objekt der Aufmerksamkeit weiter nachzudenken. Sobald Sie es benannt haben, lassen Sie davon ab. Lassen Sie das Benannte wie eine Wolke am Himmel einfach weiterziehen und aus Ihrem Bewusstsein verschwinden.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus unserem Buch Achtsamkeit kann man lernen! von Alexander Stern.
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